Eine weitere 5 Sterne Eis und Mixed Kletterei durch die Pizzo Badile Nordostwand. Am 16. Dezember 2016 klettern David Hefti und Marcel Schenk erstmals eine Kombination zweier bestehenden Routen in der Pizzo Badile Nordostwand. Dabei entsteht ihrer Meinung nach eine der besten Routen, welche sie je geklettert sind. Bemerkenswert ist, dass die zwei nur siebzehn Stunden benötigen vom Parkplatz über den Gipfel und wieder zurück ins Tal. Die beiden Bergführer erzählen von ihrem jüngsten Abenteuer in den Bergeller Apen.

dsc00922Die Linie „Nordest supercombo“ (800m, M7, R) durch die NO-Wand des Pizzo Badile.

 

Marcel 

Nach der Durchsteigung von „Amore di Vetro“ am 16. November 2016 bleibt die Nordostwand des Pizzo Badile in meinem Fokus. Verschiedene Ideen werden angeschaut, beobachtet und diskutiert. Weil der Schnee noch auf sich warten lässt, wird ein weiteres Kletterprojekt in Angriff genommen.

Nach einem ersten Versuch, welcher abgebrochen wurde, starten David und ich am 16. Dezember um 03.00 Uhr von Pontresina Richtung Bergell. Nach einer Stunde Autofahrt erreichen wir Laret im Val Bondasca. Vom Parkplatz laufen wir mit leichtem Gepäck und Turnschuhen hoch zur Capanna Sasc Furä. Im kühlen Winterraum werden die Kleider gewechselt. Die leichten Turnschuhe weichen den wärmeren Bergschuhen. Bevor es weitergeht, verpflegen wir uns nochmals richtig gut.

David

Wir sprechen wenig während wir im Mondschein mit den Schneeschuhen von Sasc Furä über La Plota aufsteigen. Der Pizzo Badile thront mit seiner mächtigen Schaufel über uns. Mit jedem Schritt kommen wir dem nächsten grossen Abenteuer näher. Es läuft bestens und wir fühlen uns fit, bemerken wir auf der Schulter. Da, wo eine der schönsten Himmelsleitern der Alpen ihren Ursprung hat, die Badile Nordkante. Doch unser Weg führt uns heute nicht dort hoch. Nachdem wir unser Klettermaterial dem zuvor angelegten Materialdepot entnommen haben, steigen wir in die dunkle, schattige Nordostwand ab. Über ein Band erreichen wir die ersten Verschneidungen der legendären Cassin-Route. Perfekte Verhältnisse finden wir da vor. So geht‘s zügig in leichter Mixedkletterei die ersten hundert Meter hoch.badile-superstar-1

Marcel

Pünktlich zum ersten Licht seilen wir uns an. Die anspruchsvolle Kletterei lässt nicht lange auf sich warten. Der obere linke Wandteil wird von der Morgensonne feurig rot beleuchtet. Es ist ganz still, nichts ist zu hören und die Temperaturen sind mit -5 Grad sehr angenehm. Für mich ist es ein unglaubliches Gefühl nach genau einem Monat wieder in dieser spektakulären Wand zu klettern. David übernimmt die Führung und startet im unteren Teil der Via Cassin.dsc01142

David

Motiviert steige ich ein. Die erste Seillänge haben wir bald hinter uns. Bereits die zweite Seillänge erfordert höchste Konzentration, ruhige Bewegungen und feines Antreten mit den Zacken der Steigeisen auf kleinen Tritte in der Wand. Kurz werde ich durchgeschüttelt, als mir ein Brocken aus hartem Schnee auf den Helm fällt. Jetzt bin ich definitiv hellwach.

Die nächsten Seillängen wird nun Marcel vorsteigen. Die Mixed-Kletterei geht im selben Stil weiter. Wir wussten sehr wohl, dass die vereisten Platten der Cassin kein Zuckerschlecken sein werden. Das wird uns nochmals richtig bewusst, als wir am nächsten Standplatz stehen. Doch Marcel hat einen Plan.

badile-superstar-9

 

Marcel

Dass die nächste Seillänge nochmals anspruchsvoll zu klettern und abzusichern ist, ist mir bewusst. Vom Standplatz geht es über eine dünne Eisglasur zehn Meter horizontal nach links. Gesichert von zwei Klemmkeilen überklettere ich einen steilen Aufschwung hoch zu einer Verschneidung welche sich super klettern und absichern lässt. Nach insgesamt sechzig Metern erreiche ich den Stand unterhalb des Schneefeldes in Wandmitte. David kommt in einem zügigen Tempo nach und übernimmt das scharfe Ende des Seils. Am langen Seil geht es simultan über das steile Schneefeld, zuerst aufsteigend und traversierend, danach wieder absteigend Richtung zentralem Couloir. Hier zieht die Route Memento Mori steil nach oben. Es ist 11.00 Uhr. Wir sind super in der Zeit. Bei einer kleinen Pause diskutieren wir über den möglichen Verlauf der Route.dsc01147

David

Es gibt nun zwei Varianten um den zentralen Eisschlauch zu erreichen. Links versperrt uns ein kleiner Überhang den Weg. Das schaut schwierig aus. Schräg gegen rechts zieht nach einer fünfzehn Meter langen Eisglasur eine Verschneidung weg. Bis auf einen kleinen Absatz. Da könnten wir über einen dünnen Streifen Eis wieder den Eisschlauch erreichen. Da wollen wir es versuchen. Schnell merke ich, dass wir auch in den nächsten Seillängen voll und ganz gefordert werden. Wider Erwarten legt sich die Wand nicht zurück. Die Kletterei wird hier steiler und steiler. Wahrscheinlich ist es die Schlüsselstelle der Route, die vor mir liegt. Ich entscheide mich, einen guten Standplatz einzurichten, statt weiter zu klettern. Es schaut durchaus machbar aus, aber schwierig. Nun liegt es an Marcel.

Marcel

So machen wir wieder einen Wechsel in der Führung und ich übernehme das scharfe Ende. Auch die Kletterei über mir sieht sehr scharf und wild aus. Nach einem schwierigen Start geht es im Eisschlauch gerade hoch. Die Wand ist steiler als von unten erwartet und braucht volles Engagement. Der Blick runter auf den Cengalo Gletscher ist fantastisch und mit jedem Pickelschlag geht es weiter hoch. Die Seillängen bleiben anspruchsvoll und die Neigung der Wand geht nur langsam zurück. Vom Schneefeld erreichen wir nach insgesamt fünf Sechzig – Meter Seillängen die Gipfelschaufel im oberen Teil der Wand.badile-superstar-12

David

Mit allem Sicherungsmaterial am Gurt nehme ich nun Kurs Richtung Gipfel auf, mitten durch den mit Schnee und Eis gefüllten Trichter. Wir klettern simultan, das heisst gleichzeitig, zwischen uns sechzig Meter Seil und immer ein paar Sicherungspunkte. Ein Totalabsturz ist so ausgeschlossen. Am Gipfelgrat oben sehe ich die letzten Sonnenstrahlen. Ich möchte unbedingt noch ein paar Sonnenstrahlen im Gesicht haben heute. Die Oberschenkel sind blau. Manchmal halte ich kurz inne, lege eine Sicherung an, versuche zu verschnaufen und schaue runter zu Marcel. Der ruft mir immer wieder zu: „Go, go, go…!“dsc01193

Da sind sie, die letzten Sonnenstrahlen. Die letzten fünfzig Meter über den Grat zum Gipfel sind begleitet durch ein unbeschreibliches Gefühl. Orange leuchtet das Nebelmeer über dem Comersee. Ich kann es kaum erwarten bis Marcel auch da ist. Wir beide strahlen vor Freude, geniessen den Moment.dsc01227

dsc01231

Wenige Minuten später sind wir jedoch wieder fokussiert auf den bevorstehenden Abstieg. Die Dunkelheit wird uns schnell einholen. Darum wollen wir uns beeilen. Wir wählen den Abstieg gegen Osten über die Punta Sertori. Schon bald schalten wir wieder unsere Stirnlampen ein.

Marcel

Von der Schulter seilen wir auf der Ostseite der Punta Sertori in senkrechtem Gelände in die dunkle Nacht ab. Zum Glück kennen wir den Verlauf der Abseilerei und finden ohne Probleme die Haken. Beim Col da Cengalo verpflegen wir uns nochmals. Das Cola in der Flasche ist zu einer eisigen Masse gefroren, so dass es fast schmerzt beim Trinken.

Nach dieser Stärkung geht es 600 Höhenmeter durch das Cengalo Couloir runter auf den Gletscher, von wo aus nochmals 150 Hm Gegenanstieg auf uns warten. Um 19.00Uhr erreichen wir wieder die Schneeschuhe beim Einstieg von der Nordkante.

David

Der Abstieg ins Tal ist lang. Wir sind müde. Den Parkplatz in Laret erreichen wir kurz vor 21:00 Uhr, weniger als 17 Stunden waren wir unterwegs. Badile-in-one-Day! Wow – was für ein Tag!

Text Marcel Schenk

Im Sommer zählt die 800 Meter hohe Nordost-Wand des Pizzo Badile 3303 m.ü.M zu den ganz berühmten Kletterzielen der Alpen. Die Saison ist jedoch nicht sehr lang und wenn im Herbst der erste Schnee fällt verwandelt sich die Schaufel der NO-Wand in eine schattige und frostige Wand mit dünnen Eisformationen die aussehen wie Spinnenbeine. Immer wieder beobachtet Marcel Schenk die Veränderungen der bestehenden Eisformationen. Einen Weg über die steilen Granitplatten zu finden, der durchgehend wenigstens mit ein paar Zentimeter Eis und Schnee überzogen ist, beschäftigte ihn immer wieder.

1

Die neue Route durch die 800 Meter hohe Nordostwand des Pizzo Badile. (Foto M.Schenk)

Den passende Moment erwischen

Für mich stellt sich immer wieder die Fragen, ob es noch möglich ist an den grossen Gipfeln der Alpen neue Routen zu erschliessen“? Ende Oktober scheinen die Verhältnisse zu passen um einen Versuch zu wagen. Jedoch ist es nicht ganz einfach einen passenden Seilpartner zu finden. Auch das Wetter schlägt um, es wird winterlich bis in die Täler. Für mich ist es sicher, dass es ganz schwierig sein wird denn richtigen Moment zu erwischen. Mitte November zeichnet sich nochmals stabileres Wetter ab und zusammen mit Simon Gietl möchte ich einen Versuch starten. Am Nachmittag des 15. November starten wir vom Parkplatz im Val Bondasca Richtung Sasc Furä Hütte. Weiter geht es mit Schneeschuhen und vollen Rucksäcken, hoch zur Schulter wo sich der Einstieg von der Nordkante des Pizzo Badile befindet. Von hier haben wir einen guten Einblick in die Wand.

2Im Zustieg Richtung Nordkante. (Foto M.Schenk)

Eine Spur durch das Schneefeld

Es ist schon spät und der Blick runter zum Schneefeld, welches wir traversieren möchten, ist alles andere als motivierend. Es liegt viel Treibschnee in dieser steilen Mulde und die Gewissheit beim kleinsten Schneebrett über 200 Meter abzustürzen macht die Situation angespannt. So entscheiden wir noch am Abend eine Spur durch das Schneefeld zu machen. Mit dem Seil gesichert traversieren wir am obersten Rand des Schneefeldes und bringen vor zu Sicherungen an. Es funktioniert und alles scheint zu stimmen für den nächsten Tag. Zurück auf der Schulter ist es bereits dunkel. Schnell ein Materialdepot anlegen und runter geht es in die Winterstube der Sasc Furä.

4Am oberen Rand des Schneefeldes in Wandmitte. (Foto M.Schenk)

Ein wunderschöner und wilder Eisstreifen

Am nächsten Tag beim ersten Licht sind wir zurück und klettern über die ersten Stufen zum eigentlichen Start der geplanten Route. Die Verhältnisse scheinen zu passen und über einen Eisstreifen, welcher nur wenige Zentimeter dick ist, startet der Weg ins Unbekannte. Bereits in der ersten steilen Länge wird uns bewusst wie ernst unser Unternehmen wird. Das anbringen der Sicherungen ist sehr anspruchsvoll und über gewisse Strecken unmöglich. Unser Team passt und es geht in einem flotten Tempo voran. Nach drei Stunden erreichen wir das Schneefeld in der Wandmitte von wo aus das eigentliche Herzstück der Linie startet. Ein wunderschöner und wilder Eisstreifen zieht steil nach oben. Die Kletterei bleibt anhaltend anspruchsvoll und der Weg ins Unbekannte spannend. Gesichert wird mit Schlaghaken, Pecker und Keilen, die kurzen Eisschrauben sind zu lang und die Camlots lassen sich in den vereisten Rissen kaum platzieren. Auch beim Klettern ist Vorsicht geboten, nicht selten schlagen wir mit den Pickeln auf den harten Granit oder stehen mit den Steigeisen auf einer Platte unter dem dünnen Eis.

5Weg in die Unbekannte. (Foto S.Gietl)

6Weite Abstände der Sicherungspunkte erfordern volle Konzentration. (Foto S.Gietl)

 

Weil es zum Teil nicht möglich ist einen Stand zu bauen, klettern wir manche Strecken simultan und mit wenigen Sicherungspunkte. So entstehen bis zu 100 Meter lange Seillängen.

7Simon nur ganz klein in der Grossen Wand. (Foto M.Schenk)

8Im Oberen Teil der Wand. (Foto M.Schenk)

9Kurz vor dem Gipfel (Foto M.Schenk)

Kurz vor 15.00 Uhr stehe ich auf dem winterlichen Gipfel des Pizzo Badile, die Freude an dieser Linie durch diese gewaltige Wand ist unbeschreiblich. Wenig später kommt Simon, auch er hat eine riesen Freude. Der Blick über die friedliche Bergewelt ist atemberaubend und die Anspannung ist weg. So genießen wir eine kurze Gipfelpause bevor es über die Nordkante wieder zurück in Tal geht.

10Überglücklich über das Erlebnis Marcel (links) Simon (rechts) auf dem Gipfel. (Foto M.Schenk)

Was bleibt

Für Simon und mich hat diese Erstbegehung wieder mal gezeigt, dass wir nicht immer an das andere Ende der Welt reisen müssen, um ein Abenteuer zu erleben. Es ist also immer noch möglich neue Wege zu finden.

Routen Infos:

Pizzo Badile NO-Wand, Amore di vetro, Marcel Schenk, Simon Gietl 16.November 2016,800m, M5, R

Was wünschen sich zwei Bergführer und leidenschaftliche Alpinisten nach den Weihnachtstagen? „Raus. Aber richtig.“Falsch. War das nicht einmal ein viel zitierter Werbespruch aus der Outdoorbranche?„Raus. Aber Vollgas“war wohl eher das Motto von Marcel Schenk (Pontresina) und David Hefti (Davos), als sie sich Ende Dezember ins Bergell aufmachten mit einem grossen Plan: die gesamte Überschreitung der grossen Gipfel im Val Bondasca , im Winter versteht sich. Kaum losgeklettert, war die Seilschaft voll im Flow, liess eine Übernachtungsmöglichkeit auf dem Piz Badile hinter sich und rauschte weiter über den Cengalo Richtung Passo di Bondo. Das war der Hauptgang, zum Dessert gönnen sich die beiden noch die komplette Sciora-Gruppe. Dann ein Bier.
Tönt lässig, war es auch. Aber anstrengen.
IMG_9334 (1)

17 Gipfel und viele scharfe Zähne

Die Idee
Es geschah im vergangenen Februar, als uns eine Winterbegehung der legendären Cassin-Route durch die Nordostwand des Piz Badile gelang. Die Bergeller Granitriesen haben mich definitiv
in ihren Bann gezogen. So lasse ich mich damals auch schnell von Marcels kühner Idee begeistern. Eine Winter-Traverse über Badile, Cengalo und die Sciora-Gruppe. Dazwischen befinden sich viele weitere, nicht weniger anspruchsvolle Gipfel und Zacken.Nach unserer gemeinsamen Cassin-Begehung ist für uns beide wieder Arbeiten angesagt. Von den Skitourenzielen um Bivio lässt sich die ganze Bergkette wunderbar überblicken. Schnell wird klar, so eine Unternehmung braucht ideale Verhältnisse und vor allem eins: Zeit. Drei, vier, fünf Tage?
20150212_160455

Via Cassin mal anders. Ohne Stau ganz alleine in der Wand 12. Februar 2015

Unsere Chance?
Ende Dezember desselben Jahres scheint es nun soweit zu sein. Es liegt noch wenig Schnee. Milde Temperaturen und fast kein Wind werden von den Wetterfröschen prognostiziert. Unsere Chance?
Rege werden nun Ideen ausgetauscht, wie wir das Projekt angehen wollen. Einige Informationen haben wir. Die Tour wurde im Sommer 2008 von Jonas Gessler und Daniel Silbernagel schon mal geklettert.
Bald haben wir unsere Strategie und eine Packliste zusammen. So leicht wie möglich sollen sie natürlich sein, unsere Rucksäcke. Nur so können wir uns flink genug bewegen, kommen schneller voran und sparen wertvolle Kraft. Unser Plan sieht vier Tage vor, davon ein Tag Zustieg und drei Tage
Kletterei. Kurz vor Mittag treffen wir dann am 26. Dezember optimistisch im Val Bondasca ein.

Eine vierstündige Wanderung führt uns via Sasc Furä Hütte über den Passo Trubinasca ins obere Val Codera. In der Biwakschachtel Pedroni del Pra beziehen wir unser Nachtlager, geniessen auf den Steinplatten davor die wärmende Nachmittagssonne. Es herrscht eine faszinierende Stille in diesem abgelegenen Tal. Die Zivilisation scheint hier meilenweit entfernt zu sein.

FullSizeRender

An der Sasc Furä vorbei geht`s Richtung Passo Trubinasca

FullSizeRender-2

Die Ruhe vor dem Sturm beim Biwak Pedroni del Pra

Die Odyssee von endlosem Auf und Ab.
Um sechs Uhr in der Früh stapfen wir los, über Schneefelder und Felsplatten. Fünfundvierzig Minuten später stehen wir oben, am Gipfel des Pizzo Trubinasca. Zwar schon oben, aber doch erst am Anfang einer Odyssee von endlosem Auf und Ab. In der Dämmerung beginnen wir mit den ersten Abseilfahrten. Die Handgriffe sitzen. Es folgt erst steile, dann ausgesetzte Kletterei hoch auf die Punta Trubinasca.
Der Aufstieg auf den Pizzo Badilet bereitet uns wenig Schwierigkeiten, am Gipfel werden wir von den ersten Sonnenstrahlen begrüsst. Beide merken wir wie flott unsere Seilschaft unterwegs ist und spielen wohl schon hier mit demselben Gedanken. Auszusprechen wagt es jedoch noch keiner von uns.
DSC_3945

Beim ersten Licht sieht mann was alles noch auf dem Tagesprogramm steht

DSC00014

Ab dem Pizzo Trubinasca wird die kletterei spanend

DSC00023

Auf steile Kletterei volgt wilde Abseilerei

DSC_3978

Am Pizzo Badile finden wir fantastischen Fels

 Go,go,go
Es folgt der kleine Trabant des Grossen, Torrione del Badile heisst er. Marcel nimmt danach sogleich

die erste Hälfte des Badile Westgrats in Angriff, schnell ist er über die wunderschön strukturierten Granitplatten oben. Ich übernehme. „Go, go, go! Ich habe noch viel vor heute…“,ruft mir Marcel hinterher. Jetzt ist es raus und ich versuche im selben Tempo weiter Richtung Gipfel zu stürmen.

Punkt Elf Uhr stehen wir auf dem Piz Badile, ein bisschen ungläubig. Die Biwakschachtel hier lassen wir
kurzerhand rechts liegen und machen uns nach kurzer Verpflegung an den wilden Abstieg über dessen Ostgrat und die Punta Sertori runter zum Colle Cengalo. Kurz vor zwei stehen wir auf dem höchsten, dem Cengalo. Die Zeit läuft, noch drei Stunden Tageslicht. Die nächste Biwakschachtel am Passo di
Bondo erscheint uns noch sehr weit weg. Schaffen wir das noch? War es die richtige Entscheidung
weiterzuziehen? Im Abstieg nehmen wir noch kurz den Nebengipfel mit, schauen uns von da die Ausbruchstelle des riesigen Felssturzes in der Cengalo Nordseite an. Beeindruckend sind die
Dimensionen und es soll noch mehr kommen, sagt die Wissenschaft. Kurz stehen wir unter auf flachem Gletscher, doch bald geht’s wieder hoch. Traumhafte Kletterei im Abendlicht führt uns auf die Pizzi Gemelli, die Zwillinge. Definitiv der letzte für heute. Abseilen. Sonnenuntergang.
DSC00052

Der letzte Gipfel des Tages im Abendlicht Pizzi Gemelli

Wann endet dieser Tag 
Es beginnt zu dämmern während dem Fussmarsch Richtung Passo di Bondo. Dann doch nochmals
runter, und nochmals abseilen. Die Nacht fällt über uns her während wir von Coca Cola träumend
doch noch das Biwak Tita Ronconi erreichen. 17:37 Uhr–elf Stunden und vierzig Minuten nach unserem Aufbruch, eine schier unglaubliche Zeit für uns, hatten wir doch zwei volle Tage hierfür eingeplant. Nun können wir beim Abendessen auch aus dem Vollen schöpfen. Es dauert dann ein wenig bis wir Ruhe finden und schliesslich einschlafen können. So unter Strom sind wir nach diesem Tag immer noch.
DSC_4031

Coca Cola Hang

Dessert
Die Quittung kommt sogleich am nächsten Morgen. Aufstehen und Frühstück dauern heute ein bisschen länger. Erst um viertel nach sieben ziehen wir weiter. Bald haben wir die ersten beiden Gipfel wieder hinter uns und laufen über den Bondasca Gletscher rüber Richtung Sciora-Gruppe.
Im Osten geht die Sonne auf. Leichte Gratkletterei führt uns hoch auf die Sciora Dadent. Neun Uhr ist es und wir gönnen uns eine kurze Pause, denn jetzt geht’s wieder so richtig los. Die nächsten Stunden fordern uns nochmals richtig alles ab. Dazwischen der markante Zahn der Ago di Sciora. Steile, schöne Kletterei in der Südwand, ein Eintrag im Gipfelbuch, dann luftige Abseilfahrt durch die schattige, überhängende Nordwand.
Eine unerwartete, ziemlich schwierige Kletterstelle wartet kurz vor der Pioda da Sciora auf uns.
Nach dem Doppelgipfel der Sciora di Fuori scheint es nun endlich nur mehr abwärts zu gehen. Zwei
Gipfel liegen trotzdem noch vor uns. Nach abenteuerlichem Abstieg erwartet uns die Scioretta mit instabilen Blöcken, da waren wohl noch nicht so viele Leute oben, der Gipfel wird meist über Bänder umgangen.
DSC00081

Auf dem Weg zu Sciora-Gruppe im Hintergrund der mächtige Pizzo Cengalo

DSC_4097

Zahn um Zahn auf dem Weg zu Ago di Sciora

DSC00103

Steile Risse lassen das Kletterherz höher schlagen und die Finger anschwellen

DSC_4107

Top of Ago di Sciora

DSC00039

……und wieder runter……

DSC_4130

Sciora Dafora der letzte richtig Grosse

DSC00129

Rückblick auf eine wunderschöne Etappe

Letzter Gipfel

Über einen schmalen Grat in bestem Granit erreichen wir die Torre Innominata. Das ist das Ende. Wir sind auch am Ende, doch überglücklich. Durch das Westcouloir erreichen wir die Geröllhalden über der Sciora-Hütte und erreichen diese bald über den Cacciabellapass-Weg.

DSC00125

Energie tanken vor dem Abstieg ins Val Bondasca

Eine völlig unerwartete Überraschung bei der Hütte. Sybille die Freundin von David hat uns zwei Dosen
Bier hochgebracht. Ein weiteres Highlight. Zusammen steigen wir ab nach Laret, wo wir beim Eindunkeln pünktlich eintreffen. Wie soll es anders sein? Wenn’s passt, dann passt eben alles.
Viel Dank David für dieses mega Abenteuer 😉
davidhefti.ch seine Homepage.
Das ganze kam auch im Radio


Nur schon der Anblick dieser fantastischen Linie lassen unserer Finger schwitzen. Eine wunderschöne Risslinie zieht mit elf Seillängen bis 7a+ durch die Sandsteinwand. Die Kletterei verlangt vollen Einsatz und ist zum Teil nur mit Micro-Keilen und Camlots abzusichern.

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Welch Kamel!

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Start in die 2. Seillänge ein super schöner Fingerriss

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Wo gehts denn hier zum Gipfel?

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Aber nur ganz kurz das Seil schlapp fürs Foto, dann wieder ziehen!!!

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Super Bolts. Loch und dann Schlaghaken rein.

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Vierte Seillänge. Auch ein Riss.

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

… und der Riss wir immer dünner!

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Quergang zum nächsten Riss

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Im Hinergrund noch einige Projekte.

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Sichern ist gut, Selfie ist noch wichtiger

Am späteren Nachmittag erreichen wir bei tiefem Sonnenstand den Gipfel des Jebal Kazahli. Die Stimmung ist unglaublich und weit und breit nichts… Nach einer kurzen Rast beginnt die Abseilerei und kurz vor der Dunkelheit stehen wir am Wandfuss. Nun noch eine Stunde Rückmarsch und wir sitzen wider zusammen mit den Beduinen am qualmenden Lagerfeuer.

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Uuuuuuuuhhhhhääääääää

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Die Sonne geht langsam unter. Blick Richtung Westen und da hinten liegt auch unser Camp.

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Wenn da mal nix hängen bleibt

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Letzte Abseilstelle des Tages

 

Klettern Wadi Rum, Marcel Schenk & Gian Luck, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

Stirnlampe von Black Diamond

Wadi Rum Jordanien 08.-17.November 2015
Die Fotos, die wir sehen, lassen unser Kletterherz definitiv höher schlagen. Also entscheiden wir uns im Schön-Wetter-Sommer 2015 einen Flug für den November nach Amman zu buchen. Informationen sind nicht ganz einfach zu erhalten. Was wir aber wissen ist, dass der Süden Jordaniens als politisch und terroristisch sicher gilt. Was dann noch kommt, werden wir sehen.
 
Über Wien fliegen wir in rund vier Stunden nach Amman. Dort angekommen, geht die Reise noch vier Stunden mit dem Auto weiter. Wir haben einen sehr freundlichen Fahrer und auch die Menschen in Jordanien sind immer sehr hilfsbereit. In einem Camp angekommen, freuen wir und sehr auf die kommenden acht Tage klettern.
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 

Wir starten am ersten Tag gemächlich am Jebel Rum mit zwei sehr schönen Routen. Das Gebiet immer besser kennenlernend klettern wir jeden Tag was Neues und Besseres. Es ist praktisch jeden Tag noch eine Steigerung an Schönheit der Route drin. Der Kletterführer von Tony Howerd ist uns eine gute Hilfe, jedoch ist er so kompliziert aufgebaut, dass wir zum Teil fast eine Stunde brauchen, um den richtigen Einstieg zu definieren.
 

Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Wir klettern Mehrseillängen-Routen im Bereich von 6b bis 7a+. Die Absicherung ist sehr unterschiedlich. So sind die meisten Routen mit einer grossen Auswahl an Camlots und Keilen selbst abzusichern. Bohrhaken gibt es wenige, die meisten Standplätze sind mit Schlaghaken versehen und darum auch zu verstärken. Auch der Fels hat so seine Schwankungen. Wir finden schnell heraus: je dunkler die Wände, desto besser der Fels. Dennoch gibt es ab und zu die unangenehme Situation, in einem senkrechten Sandkasten zu klettern.
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Kletter Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina, Marcel Schenk & Gian Luck
 
Nach sieben sehr schönen Klettertagen ist die Luft bei uns langsam draussen. Viele Körperteile schmerzen, Finger und Hände sind geschwollen und aufgescheuert von den vielen schönen Riss-Seillängen. So sind wir auch gar nicht so traurig, als es in der Nacht vor dem letzten Klettertag regnet und am Morgen alles nass ist.
 
Klettern Wadi Rum, Climbing Wadi Rum, Go Vertical, Bergsteigerschule Pontresina
 
Klettern Wadi Rum, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical

 

Wir Packen unser Material zusammen und sind nach einem Reisetag wider zuhause im Engadin. Alles in allem ein super Klettertrip in einer wunderbaren Landschaft mit sehr freundlichen Menschen.
 
Klettern Wadi Rum, Bergsteigerschule Pontresina, Go Vertical